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Female Rage vs. Alpha-Males: Mit weiblicher Handlungsmacht beim Smut gegen den Mythos des Female Bodycounts

  • Beitrags-Kategorie:Female Rage / Tipps

Selbsternannte Alpha-Males und Pick-up Artists erfreuen sich einer wachsenden Beliebtheit, die sich am besten mit der Fragilität männlicher Egos und der fragwürdigen Einstellung, Männer hätten ein Anrecht auf Sex erklären lässt. In den Sozialen Medien und überteuerten Coachings erklären scheinbar selbstbewussten Männer mit selbst zertifizierten Führungsqualitäten den weniger selbstbewussten Exemplaren ihrer Gattung, wie sie Frauen ansprechen, manipulieren und zum Sex überreden.

Während diese Männer, die sich für den Frauen weit überlegen halten, es aber höchstens so weit sind, wie die Tapete zur Wand reicht, uns einerseits fortlaufend objektifizieren und sexualisieren, weil wir einfältig, einzig von unseren Emotionen getrieben und ausschließlich auf attraktive, dominante, humorvolle Versorger-Typen mit unglaublich viel Geld aus sind (4), werden sie gleichzeitig nicht müde, uns in Kategorien wie Huren vs. Wifey-Material einzuteilen.

Die Absurdität dieses Denkansatzes fasse ich gerne nochmal zusammen: Einerseits wollen diese Männer, dass wir jederzeit und immer für Sex verfügbar sind. Sind wir dann aber sexuell für diese Männer verfügbar (und no Kink-Shaming, Ladies, steht ruhig dazu, wenn ihr geistig unterprivilegierte Männer gut findet), werden wir abgewertet und nicht selten wie Müll weggeworfen.

Male Lonelyness Epidemic? Kann ich mir echt auch nicht erklären.

Was ich mir allerdings inzwischen erklären kann – zumindest im Ansatz – ist dieses wahnhafte Festhalten an der weiblichen Reinheit als ultimative Währung und das Pochen auf einen möglichst nicht vorhandenen Female Bodycount.

Wenn du hier Doppelmoral riechst, liegst du richtig, denn natürlich sind Männer grundsätzlich vom vorehelichen Keuschheitsgebot ausgenommen. Glücklicherweise können wir diesem ganzen Unsinn mit Female Rage Romanen und weiblicher Handlungsmacht beim Smut entgegen wirken.

Die Fragilität männlicher Egos

Bestimmt hast du das Zitat so oder so ähnlich schon gehört: Nichts ist so zerbrechlich, wie das männliche Ego.

Und ja, leider ist das wahr. Das zeigt sich nicht nur eindrucksvoll daran, wie versessen sie an längst überholten Privilegien festhalten und mit Hass und Häme reagieren, sobald man sie dieser Privilegien beschneiden will.

Männer gelten auch als wenig kritikfähig, aggressiv und gewaltbereit (dazu muss man sich nur die Statistiken zu Gewalttaten anschauen), statusversessen (ja, Alphamännchen, ich schaue euch an!) und unfähig, sich Schwächen einzugestehen – oder an sich zu arbeiten! Mal ehrlich, was tun Männer nicht alles, bevor sie in Therapie gehen. Ja richtig, manchmal führen sie sogar lieber Kriege.

Sicher sind diese zerbrechlichen Männeregos einer der Gründe, warum die weibliche Reinheit auch 2025 unter Männern (oder zumindest unter den Alpha-Males) noch so hoch im Kurs steht. Nicht, weil sie zerbrochen sind, sondern, damit sie nicht zerbrechen können. Vermeidungsverhalten lautet die Devise: Wenn die Frau keine Erfahrung hat, kann sie nicht vergleichen. Wenn sie nicht vergleichen kann, kann sie keine Kritik ausüben. Oder ihn belächeln. Auf ihn herabsehen. Sich beschweren. Sich um ihr Recht auf Lust und Ekstase betrogen fühlen.

Wobei ich wohlwollend unterstellen möchte, dass es den Pick-up Artists nicht von vornherein darum geht, ihre Sexualpartnerin nicht befriedigen zu müssen, weil sie ja ohnehin keine bis kaum Erfahrung hat. Der Vorteil ist nur einfach, dass sie vielleicht keine eigenen Ansprüche und Bedürfnisse anmeldet, die dann ggf. befriedigt werden müssten.

Der männliche Besitzanspruch

Während Jungfräulichkeit von der Kirche so weit als Tugend hochstilisiert wurde, dass die Jungfrau geradezu als drittes Geschlecht gelten konnte, war die Unberührtheit der Frau für den weltlichen Mann mehr so etwas wie das einzuholende Fähnlein auf der Terra Incognita: Wer eine Jungfrau in Besitz nahm, stellte sicher, dass sie auch wirklich ihm und ihm allein gehörte. Durch die (vermeintliche) Defloration macht er den weiblichen Körper zu einem passiven Objekt, über das er seine Macht behauptet. (5) Diese Objektifizierung zeigte sich ab dem späten Mittelalter durch die zunehmende Rechtlosigkeit der Frau: Vor Gericht galt sie nicht als juristische Person und musste von einem Vormund vertreten werden. Bei Eheschließung trat sie von der Vormundschaft ihres Vaters (oder eines anderen männlichen Verwandten) in die Vormundschaft ihres Ehemannes ein.

Die Passivität weiblicher Sexualität

Es ist eben jene oben genannte Passivität des Eeiblichen, oder genauer gesagt, die Passivität, die dem Weiblichen und weiblicher Sexualität zugeschrieben wurde, die Beziehungen und den Sex, den Frauen haben, bis heute prägen – leider. Der Ursprung dieser männergemachten Zuschreibung geht weit in die Antike zurück. Während Passivität in der Zeit der frühen Ackerbaugemeinschaften noch nicht negativ konnotiert war, änderte sich das mit der Häufung kämpferischer Überfälle. Passivität wurde mehr und mehr mit Feigheit, Schwäche und weicher Weiblichkeit gleichgesetzt. Zeitgleich wurde dem Mann in der bildenden Kunst zunehmend die aktive und dynamische, kriegerische Rolle zugesprochen und die Frau fortan auf ihr passives Wesen reduziert wurde. (5) Mit der Zeit wurde aus der vermeintlichen Passivität der Mythos von der geduldigen, genügsamen, einfühlsamen, gebenden, immer verständnisvollen, nährenden Frau geformt, den die Philosophin Edith Stein noch bis in die 30er Jahre des vorangegangen Jahrhunderts breit propagiert hat. (6) Und der sich bis heute hartnäckig in den Köpfen der Menschen hält (und nein, leider nicht nur in den Köpfen von Männern).

Zementiert wird die Idee der Passivität weiblicher Sexualität durch die scheinbar immerwährende Wiederholung der männlichen Dominanz beim Sex. Am Beispiel des amerikanischen Theaters und der amerikanischen Kultur hat Davida Bloom herausgearbeitet, wie sehr die von ihr als „rapist-ethic“ bezeichnete Vergewaltiger-Ethik die Beziehungen zwischen Männern und Frauen prägen. (7) Das perfide an dieser Ethik: Immer werden die Opfer verantwortlich gemacht, männliche Dominanz (und damit einhergehend auch männliche Gewalt) wird erotisiert und romantisiert und erfährt heutzutage Normalisierung (3) nicht mehr nur durch Theater. Besonders innerhalb der Book-Bubble werden die gewaltrelativierenden Verhaltensweisen augenscheinlich dominanter männlicher Protagonisten vor allem in Dark Romance und Romantasy, manchmal auch in Fantasy, erotisiert, romantisiert und nach ausreichend Wiederholung schlichtweg banalisiert (durch den Mere Exposure Effect (3)).

Wie lösen wir das Problem?

Ich will ehrlich mit dir sein: Du und ich, wir lösen das Problem gar nicht. Aber wir können als Autorinnen dazu beitragen, dem Fortbestehen von männlicher Dominanz als Normativ in sexueller Praxis entgegen zu wirken. Indem wir Protagonistinnen schreiben, die sich den bestehenden Normen widersetzen.

Was könnte dazu besser geeignet sein, als Female Rage Romane, in denen die wütende Protagonistin nicht nur wütend ist, sondern sich mit jedem Satz mehr weibliche Handlungsmacht aneignet, die sich natürlich auch in ihrem Sex spiegelt?

Nope, mir fällt auch nix ein.

Um den Alpha-Männchen die ultimative Protagonistin entgegen zu setzen, sollte sie a) erwachsen und b) sexuell erfahren sein. Sind dir auch auf Anhieb dutzende Romantasy-Geschichten in den Sinn gekommen, die dem Mythos der weiblichen Reinheit in die Hände spielen, weil sie mit der Teenie-Prota ohne den Hauch von Lebenserfahrung (von Sex ganz zu schweigen) genau das liefern, was diese Männer sich in ihren feuchtesten Träumen wünschen? Jap, tut ein bisschen weh. Wir machen trotzdem weiter.

Dann braucht unsere erwachsene, sexuell aktive Protagonistin noch eine gehörige Portion Handlungsmacht. Die kann sie sich im Lauf der Geschichte erarbeiten. Wir sollten aber dringend drauf achten, dass wir nicht zufällig eine Damsel in Distress aus ihr machen (Tipps dazu findest du hier). Das ist wichtig, weil Frauen immer noch viel zu oft als emotionsgesteuert, geistig eingeschränkt und inkompetent wahrgenommen und auch geschrieben werden.

Und wenn du Smut oder Spice in deine Geschichte einbaust: Lass sie den Lead übernehmen! Lass sie ihre Bedürfnisse kommunizieren, ihn anweisen, auf ihren Orgasmus bestehen. Lass sie sich nicht ihn Besitz nehmen lassen – lasse sie in Besitz nehmen!

Nicht, weil jemals einer dieser Pick-up Artists eines unserer Bücher lesen wird. Die Kerle sind nicht zu retten und wenn du mich fragst noch lange nicht einsam genug.

Trotzdem lautet das Schlüsselwort Normalisierung.

Wir brauchen mehr Protagonistinnen, die selbstbewusst die Führung zwischen den Laken übernehmen. Für dich, mich und all die anderen Frauen da draußen, für die es viel zu normal ist, dass der Mann die Matratzen-Szenerie dominiert und sie sich ihm als passives Objekt hingibt.

Wir müssen der viel zu selbstverständlichen „rapist-ethic“ (7) eine neue Ethik, ein neues Normal entgegenstellen, dass sich verbreitet und Anklang findet und so lange wiederholt wird, bis Männer und Frauen sich in (sexuellen) Beziehungen ganz selbstverständlich auf Augenhöhe begegnen können und toxische, manipulative, gewalttätige Verhaltensweisen außerhalb consesual abgestimmter Kinks einfach nicht mehr stattfinden.

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